Zukunft der Klinischen Versorgung im Landkreis

von Gabriele Stenz

Die AWK ist zu Recht stolz auf das Erreichte und es bleibt zu hoffen, dass das Haus den nachfolgenden Generationen zur Verfügung stehen wird. Ministerin Reiman knüpfte an die Bewilligung von 30 Millionen Euro den Hinweis an den Landkreis, Fusionen und Schwerpunktbildung voranzutreiben. Sie fordert auf, sektorenübergreifend zu denken, und die ambulante und stationäre Versorgung, die Prävention und Rehabilitation, die Pflege und die Palliativversorgung miteinander zu verknüpfen. Wie kann das gelingen?

Wenn die Kliniken der Region nicht mehr zu einem ungesunden Wettbewerb untereinander gezwungen sind, könnten zukunftsfähige Versorgungskonzepte entstehen. Die Sektorentrennung von Stationär und Ambulant ist dabei ebenso hinderlich wie das lückenhafte DRG Vergütungssystem der Krankenkassen und die Abgrenzung der Kassenärzte.

Ab Januar 2021 wird es die elektronische Patientenakte geben. Durch eine intelligente Datennutzung könnte medizinisch/therapeutisches Wissen endlich flächendeckend zusammengeführt und die Qualität der Versorgung verbessern. Keine Information ginge verloren, alle Behandler hätten den Überblick, unsinnige Doppeluntersuchungen würden vermieden. Dafür stellt die Bundesregierung seit 2019 bis 2022 eine Milliarde Euro zur Aufrüstung der EDV zur Verfügung. Nur müssen diese auch abgerufen und die Fachleute zur Verfügung stehen. Ein Andocken an das bestehende Krankenhausinformationssystem in den alten Strukturen wäre der falsche Weg. 

Der Landrat stellte kürzlich die neue Einrichtung und Technik für den Notruf 112 im Kreishaus vor. Technische Verbesserungen sind sinnvoll, die drängenden Probleme der Notfallversorgung werden dadurch nicht beseitigt. Die Koordination, Vernetzung über die Landkreise hinaus, sowie die fehlende Handlungskompetenzen der Akteure müssten dringend optimiert werden. Fehlgeleitete Patienten, Überlastung des Fachpersonals und langes, unversorgtes Warten im Krankenhaus bedeutet unnötige Risiken in einem der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Gesundheitsminister Spahns neuestes Gesetzesvorhaben sieht vor, dass die Rettungsleitstellen in eine reformierte Versorgungsstruktur eingebunden und damit aus der Zuständigkeit der Landkreise herausgelöst werden. Rettungsdienste, niedergelassene Mediziner und Kliniken werden verpflichtet, künftig eine Notfallversorgung aus einer Hand zu gewährleisten. Voraussetzung für die korrekte Versorgung wären integrierte Notfallzentren als erste Anlaufstelle für Erstversorgung und bedarfsgerechte Weiterleitung, von Kassenärzten und Kliniken gemeinsam betrieben. Das bedeute über die Sektoren hinaus zu denken, und auch das geplante Klinikum in Bad Fallingbostel in die Planung einzubeziehen.  

Das Bedürfnis der Bevölkerung, eine medizinische Versorgung in erreichbarer Nähe zu haben, ist verständlich. Gehört es doch zur Lebensqualität im ländlichen Raum, in vertrauter Umgebung zu sein. Doch nicht immer ist die Versorgung optimal, was den Kranken aufgrund mangelnder medizinischer Kenntnisse nicht bewusst ist. Die Statistiken des ITQTIG (Institution für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen, im Auftrag des G-BA Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Darstellung der Versorgungsqualität im Gesundheitswesen) sprechen Bände. Die kurzen Besuchswege sind kein wirkliches Argument gegen die bestmögliche Versorgung, große Erfahrung und erprobte Abläufe bei häufigen Eingriffen. Die 24 stündige Anwesenheit von Fachärzten und den sehr gut weitergebildeten Pflege-Fachpersonen in ausreichender Anzahl sind durch nichts zu ersetzen. Über neue Versorgungskonzepte öffentlich nachzudenken, ist äußerst unpopulär. Bis wir im Landkreis soweit sind, wird noch viel wertvolle Zeit vergehen. Fachleute, Politiker sowie die Klinikdirektor*en wissen, dass eine Reform unumgänglich ist. Nur bedarfsgerechte Versorgungskonzepte verhindern, dass am Ende Einer der Verlierer ist.