Hat der traditionelle Friedhof ein Imageproblem?
Früher war in der traditionellen Familie immer Wohn- gleich Geburtsort. Jetzt sind die Entfernungen zu den Gräbern der Familie sehr weit. Besuche finden, wenn überhaupt, nur wenige Male im Jahr statt.
Verständlicherweise überlegen die Menschen, ob für diese Situation ein Familiengrab die richtige Lösung ist oder ob es alternative Bestattungsformen gibt. Zudem werden immer häufiger Gräber gleich nach dem Ablauf der Mindestruhefristen aufgegeben.
Dabei gehören gerade Grabstätten zu den ältesten Kultstätten. Die Gemeinde hat daher eine besondere Verantwortung, das Kulturgut Friedhof zu erhalten und für die Zukunft zu sichern. Für das kulturhistorische Erbe sind Friedhöfe die wichtigsten Zeitzeugen, die die gesellschaftliche Entwicklung einer Gemeinde widerspiegeln.
Die kostbare Erinnerungskultur eines traditionellen Friedhofes hat zudem eine helfende und heilende Wirkung auf das Leben der Trauernden. Dieser Ort hilft, die Trauer zu verarbeiten und gleichzeitig die wertvolle Erinnerung an den Verstorbenen wach und lebendig zu halten.
Dieser Platz inmitten des „umfriedeten und geschützten Hofes“ ist ein wenig ein Ort zwischen den Welten. Hier verbindet sich das Diesseits mit dem Jenseits. Eine angemessene Grabstätte ist eine Quelle der Kraft für die Trauernden. Und auch von den Generationen, die nach uns kommen, wird dieses Kulturerbe wohl dankbar aufgenommen werden.
Die Grabstätten dienen als Bindeglied zwischen den Generationen und helfen Trennendes zu vereinen. Zudem ermöglicht der Friedhof als Parkanlage ein würdiges Gedenken an die Toten und ist ein erlebbarer Raum der Stille und Besinnung für die Angehörigen.
Auch ein Ort der Kommunikation
Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen steht jeder Friedhof unter dem Druck der Konkurrenzfähigkeit. Dennoch müssen die Gebühren für Grabnutzungsrechte bezahlbar bleiben. Der Trend zu alternativen Bestattungsarten wird von vielen Förderern der Friedhofskultur mit Besorgnis wahrgenommen. Denn eine Grabstätte ist nicht nur ein Ort des Abschieds, sondern auch ein Ort der Kommunikation für die Hinterbliebenen mit den Verstorbenen.
Mittlerweile gibt es eine Renaissance der klassischen Friedhofskultur. Gegenüber dem Trend zur anonymen Bestattung ist eine Zunahme des Interesses an der traditionellen Bestattungskultur zu verzeichnen. Wenn nur noch die Erinnerung lebt, bilden Grabmale einen konkreten, weil erlebbaren Ort der Trauer. Sie sind räumliche und zugleich ideelle Plätze, um die Toten zu ehren und der eigenen Trauer tröstend zu begegnen.
Die Friedhofskultur umfasst ein breites Themenspektrum, in dessen Mittelpunkt die würdevolle Bestattung Verstorbener steht. Ziel muss es sein, eine zeitgemäße und vielfältige Friedhofskultur zu schaffen und als Ort der Sinnhaftigkeit zu fördern. Seit Menschengedenken ist der Friedhof ein Zeugnis der Trauer- und Erinnerungskultur und die Weiterentwicklung eine gesellschaftliche und kommunale Aufgabe.